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Kollision3 Minute(n) Lesezeit

Vor zwei Tagen hatte ich einen Frontalzusammenstoß mit einem anderen Radfahrer – mitten im Wald. Ich war mit dem Sohn eines Freundes unterwegs, wir sind bergauf gefahren, ganz gemächlich. Ich wollte ihn ermutigen, das Fahren im Wald für sich zu entdecken. Vielleicht war ich deshalb auch einen Moment weniger aufmerksam.

In einer Kurve kam uns ein Gravelbike-Fahrer mit hohem Tempo bergab entgegen – und prallte direkt in mich hinein. Ich wurde vom Rad gerissen.

Ich hatte starkes Nasenbluten, aufgeplatzte Lippen – vor allem die untere. Ich war die ganze Zeit bei Bewusstsein. Mein Blutdruck sackte ab, doch mit Atemung konnte ich mich gut regulieren.

Jetzt breitet sich die Schwellung ins Gesicht aus, das rechte Auge ist betroffen. Ich kann ziemlich genau spüren, wo es sonst noch im Körper arbeitet: Zwischen den Schulterblättern hat sich vermutlich ein Wirbel verschoben, vielleicht ist ein Nerv gereizt. Im Lendenbereich fühlt es sich nach einer Prellung an. Da setze ich auf meinen Physiotherapeuten, mit dem ich morgen einen Termin habe.

Der Nacken ist in Ordnung – da ist nur muskuläre Spannung, keine Schmerzen. Auch der Kopf hält sich ruhig, leichte Kopfschmerzen, wenn überhaupt. Ich habe Ibuprofen genommen, außerdem Nasentropfen, weil die Nase durch die Schwellung ziemlich dicht ist. Ich bekomme Luft – eingeschränkt, ausreichend.

Was mich selbst überrascht hat: In dem Moment hatte ich keinerlei Groll dem anderen Radfahrer gegenüber. Keine inneren Vorwürfe, keine Wolfssprache. Sicherlich war ich im Schock, keine Frage. Und ich kann mir gut auch vorstellen, dass ich ausflippe oder patzig reagiere. Ist nicht passiert. Bis heute nicht.

Vielleicht war ich einfach entspannt. Vielleicht manifestiert sich da etwas wie Ahimsa – wer weiß.

Was sich deutlich zeigte, war Neugier: Was will mir das Leben gerade zeigen?

Heute früh ist mir was klar geworden.

  1. Mein Körper ist verletzlich – Yoga hin oder her. Ich bin nicht unzerstörbar. Ja, mein Ego denkt das manchmal.
  2. Ich darf aufmerksamer sein, besonders beim Radfahren. Das ist die Sportart, bei der ich gerne aufs Gas trete. Beim Laufen geht’s mir um die Bewegung, beim Schwimmen kommt der meditative Atemrhythmus dazu. Auf dem Rad kann ich’s krachen lassen – da spiele ich mit Kraft.
  3. Wenn etwas passiert, das nicht, ich sag mal, „natürlichen Ursprungs“ ist – also wie hier, eine Verletzung durch Technik und Tempo – dann darf natürlich die Schulmedizin helfen und es gilt mein Ego zu überwinden, damit mir noch nochmal sowas passiert wie die seid 14 Jahren kaputte Gelenkkapsel im linken großen Zeh. Damals wollte mein Ego einfach nicht zum Arzt. Und ja, Yoga kann unterstützen. Ich muss mich nicht aus der Welt zurückziehen, um ganz in meiner Praxis zu sein. Auch das ist Teil des Ganzen.

Thomas, der andere Radfahrer, und ich sind seid dem Crash auf Strava befreundet und lose für eine gemeinsame Ausfahrt verabredet. Er hat offenbar nur etwas an der Schulter abbekommen und es ist wohl soweit ok. Hoffentlich:-)

Ich werde erstmal keine Sonnengrüße mehr machen, ich verzichte auf Überkopfhaltungen wie den herabschauenden Hund und Vorbeugen. Sanftes Atmen, Yoga Nidra und Mantra halte ich für machbar.

Ich bin froh, dass ich diese Lektion nicht mit einem Auto lernen brauchte.

Update vom 4. Juli

Ich verstehe vermutlich langsam, warum ich Thomas kaum böse sein kann für den Zusammenprall. Ganz oft bin ja auch ich derjenige, der viel zu schnell unterwegs ist und andere gefährdet.

Ich frage mich, ob mein Unterbewusstsein darüber in dem Moment schon die Klarheit hatte und ich deshalb gelassener reagiert habe, als zu erwarten gewesen wäre.

Ich genese langsam, fühle mich besser als gestern. Die Nase ist weiter ziemlich blockiert und ich kann nur entweder atmen, essen, trinken oder sprechen. Alles ist langsam gerade.

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