Jenseits von „richtig“ oder „falsch“ ist der Ort, an dem wir uns wahrhaft begegnen.
nach Rumi
Vorbereitung
Ich möchte gerne die Sätze zur Haltung der gewaltfreien Kommunikation aushängen.
Ich suche noch nach ähnlich zentralen Aussagen aus dem Yoga. Vielleicht kommen dafür die Grundprinzipien des Sanatan Dharma in Frage.
Intro
Hari Om.
Willkommen zu unserem kleinen GFK-trifft-Yoga-Experiment.
Ich hoffe, ihr fühlt euch alle wohl und seid gesund.
Wir beginnen unsere illustre Runde mit dem Shanti Path Mantra.
Nimm eine bequeme, sitzende Haltung ein, zum Beispiel den Schneidersitz. Halte Deine Wirbelsäule gerade, den Hals und Kopf gerade.
Die Hände ruhen auf den Knien oder im Schoss, was auch immer sich gerade gut anfühlt.
Halte den Kopf in einer Linie mit der Wirbelsäule und schließe sanft die Augen.
Werde Dir mit geschlossenen Augen deines ganzen physischen Körpers bewusst, vom Kopf bis hinunter zu den Zehenspitzen.
Entspanne Deine Augen und Deine Gesichtsmuskulatur.
Wir singen nun gemeinsam drei mal das Mantra Om.
Das Om Mantra ist ein universelles Mantra, es hat keinerlei religiöse Bedeutung. Mir gefällt die Vorstellung, dass dies der Klang ist, den auch unsere Erde erzeugt, wenn sie sich durch das All bewegt. Vielleicht etwas leiser.
Atme tief ein.
Om
Om
Om
Nun folgt das Shanti Path Mantra. Ich singe zunächst jeden Vers alleine vor, dann sprich mir nach und wiederhole den Vers.
Versuche, Deine Scham, die Zweifel und Dein Zögern zu überwinden. Höre genau zu und singe mir laut nach.
Om Sah ha nau vavatu
Pause
Sa ha nau bhunaktu
Pause
Saha viryam karavavahai
Pause
tejasvi nau vadhitam astu
Pause
Ma vidvisavahai
Pause
Om shantih shantih shantihi
Pause
Hari Om
Hari Om Tat Sat.
Reibe Deine Hände und lege die Handballen auf Deine Augen und spüre die Energie Deiner Hände auf Deine Augen übergehen.
Tu dies drei Mal.
Was ist Yoga?
Schliesst einmal kurz eure Augen und denkt an dass, was ihr vom Yoga kennt. Was für Bilder kommen euch da spontan in den Sinn? Was seht ihr?
Vielleicht seht ihr Mady Morrison auf einer Lichtung im Wald stehen in der Berghaltung oder im herabschauenden Hund? Oder sonst eine schlanke Frau in einer schönen Landschaft?
Vielleicht kennen noch manche einige Atemübungen. Die Wechselatmung?
Yoga ist jedoch viel mehr, als dass, was die meisten primär damit verbinden: Gymnastikübungen und Atmen.
Yoga ist eine Philosophie, eine Lebenshaltung, für mich wie ein Setzkasten, in den sich alle meine Gedanken auf meiner Suche zum Sinn und Zweck meines Lebens irgendwie einsortieren lassen.

Für mich verbirgt sich hinter Yoga nichts geringeres als eine Anleitung zu einem friedfertigen und mit allem verbundenen, glücklichen und erfüllten Leben aller Menschen auf diesem Planeten. Eine große Aufgabe.
Aufgeschrieben hat das ganze ein indischer Gelehrter namens Patanjali vor etwa 2.000 Jahren. Sein Werk ist bekannt als die Yogasutras und beschreibt die acht Glieder des Yoga, von denen ich hier berichten möchte.
Seine Verse sind meist sehr kurz und lassen so viel Spielraum für Interpretation und es gibt eine Menge Kommentare dazu. Mir erschließt sich die Auslegung von B. K. S. Iyengar am leichtesten.
In den ersten vier Versen schreibt Patanjali die Essenz des Yoga auf:
atha yoga-anuśāsanam
yogaś-citta-vṛtti-nirodhaḥ
tadā draṣṭuḥ svarūpe-‘vasthānam
vṛtti sārūpyam-itaratra
Was soviel bedeutet wie
Jetzt wird die Erfahrung der Einheit erklärt.
Yoga ist das zur Ruhe bringen der Gedankenwellen im Geiste.
Dann ruht der Sehende in seinem wahren Selbst.
Sonst verzerren Gedanken die Wahrnehmung.
Es geht also um des Finden einer Ruhe im Geiste und das ist es auch, was mich daran fesselt. Ich möchte erreichen, dass sich die vielen Themen in meinem Kopf langsamer drehen, ja vielleicht sogar irgendwann abnehmen und letztlich ganz verschwinden und ich nur noch im hier und jetzt sein kann.
Heute will ich euch aufzeigen, wie sich Yoga und GFK miteinander verhalten. Ich möchte Parallelen aufzeigen bei den grundlegenden Haltungen und warum diese beiden Modelle so gut zusammenpassen, ja letztlich ein und das selbe sind, bloß in einem anderen Dialekt formuliert, vielleicht. Ich bin beispielsweise auch überzeugt, dass wir ähnliche Parallelen auch zu weiteren Lebensweisen finden. Wilderness und Schamanismus zum Beispiel, sind doch letztlich auch nichts anders als ein Versuch, in Verbindung zu kommen, mit sich selbst, anderen Menschen und letztlich dem ganzen großen System das uns alle umgibt.
Die Philosophie des Yoga lässt sich für ca. 5.000 Jahre zurückverfolgen. Ich beschäftige mich mit dieser Thematik erst seid ein paar Jahren, wenn ich die GFK mitrechne. Im letzten Herbst habe ich eine 200-Stunden-Lehrer-Ausbildung absolviert, mit einer kleinen Zusatzausbildung für einen besonderen Teilbereich. Dazu habe ich seit Jahren eine Reihe von Büchern konsumiert, meist gehört. Nur wenige hatten auch hier wirklich den Begriff Yoga im Titel. Das meiste waren Sachbücher aus den Bereichen Sport, Atmung, Verhaltensweisen der Menschen im weitesten Sinne, Wirtschaft, Natur und sonstige lose verwandte Themen.
Ich kann also hier nur ganz vorsichtig an der Oberfläche kratzen.
Yoga hat viele Aspekte und Einteilungsmerkmale. Vielleicht habt schon mal von Patanjali gehört, hab ich ja anfangs schonmal erwähnt. Yoga teilt den Verlauf unseres menschlichen Lebens in vier Phasen ein, Yoga definiert vier Ziele im Leben, es gibt acht (Spoiler: neun) Pfade, die beschritten werden können, um so etwas diffuses wie Erleuchtung zu erreichen.
Ich möchte euch heute von den ersten fünf Pfaden des Yoga erzählen.
Der achtblättrige Pfad des Yoga – 3
Dieser Pfad stellt eine Art Hilfsprogramm zur Überwindung der Hindernisse dar, die den Geist immer wieder aus der Ruhe bringen und damit letztlich zu Leid führen. Jedes dieser acht Glieder besteht aus einer Reihe konkreter, praktischer und auch heute noch sehr lebensnaher Vorgehens- und Verhaltensweisen. Sie bedingen einander, bauen aufeinander auf, ergänzen sich und bilden eine Einheit.
https://www.yogaeasy.de/artikel/der-achtgliedrige-pfad-des-yoga–2
Ich beschränke mich heute auf die ersten fünf Blätter dieses Pfades, auch Kriya Yoga genannt.
Diese fünf Pfade sind quasi die Vorbedingung für die weiteren drei. Es heißt, nur diese ersten fünf können gelehrt oder erlernt werden. Die höheren Pfade können wir nur erreichen, wenn die ersten fünf ausreichend praktiziert werden. Sie werden individuell erlebbar nur durch ausreichend Übung in den ersten fünf Bereichen.
Blatt 3 – Asana
Ich beginne mit dem dritten Pfad, weil den vermutlich alle kennen: Asana. Außerdem will ich einen Spannungsbogen aufbauen und die ersten beiden Blätter erst zum Schluss ins Spiel bringen:-)
Der dritte Pfad ist das, was vermutlich alle schonmal gehört haben und woran alle als erstes denken, wenn vom Yoga die Rede ist.
Asana sind die Körperübungen, Gymnastik. Sie dienten anfangs vor allem den meditierenden Yogis als Vorübungen zum lang anhaltenden Verharren in einer sitzenden Position.
Intermezzo – Sonnengruß (Surya Namaskara)
Einatmung – strecken, Ausatmung – beugen, Einatmung schafft Raum, Ausatmung nutzt den Raum (durch Rotation oder Beugung)
Als Asana-Übung machen wir den Sonnengruß, Surya Namaskara.
Theorie
Dieser Pfad dient dazu, unseren weltlichen Körper, der ja die Grundlage ist für unsere Existenz, gesund und beweglich zu halten. Die Übungen dehnen Muskeln und Sehnen, halten Gelenke beweglich, Knorpel und Bindegewebe flexibel. Sie massieren die inneren Organe und Blutgefäße, strecken und dehnen die Nervenbahnen. Es heißt, Asana schaffen Raum im Körper, schulen die Balance und schaffen ein Bewusstsein für unseren Körper.
Asana fördern die Konzentration und trainieren unseren Fokus. Sie fordern unser Ego zu überwinden, in dem wir nach und nach erkennen, dass nur zählt, was auf der eigenen Matte passiert.
Asana bedeutet im strengsten Sinne eine Körperhaltung, die ohne Aufwand und mit Leichtigkeit dauerhaft gehalten werden kann.
Es gibt Asana am Boden, es gibt Vorbeugen, Rückbeugen, stehende Haltungen, Kopfüber-Haltungen, etc.
Es gibt viele verschiedene Stile: Hatha, Ashtanga, Vinyasa, Yin. Da ist für jede und jeden was dabei. Auch für Leute mit körperlichen Einschränkungen gibt es Übungen, die praktiziert werden können.
Hatha Yoga – klassische Haltungen werden nacheinander eingenommen und für einen Zeitraum von etwa fünf Atemzügen gehalten. Hier liegt der Fokus darauf, die Asana im Sinne des Yoga einzunehmen. Ohne Anstrengung und ohne Schmerz. Sitzungen können bis zu 90 Minuten dauern und beinhalten oft auch Atemübungen oder auch das Singen von Mantren. Hatha Yoga soll das Bewusstsein für den Körper schärfen.
Ashtanga Yoga – der militärische Weg. Standardisierte und teils sehr anspruchsvolle, dynamische Abfolgen mit dem Zweck, den Körper in eine besonders leistungsfähige Verfassung zu bringen.
Vinyasa Yoga – dynamische Abfolgen von Asanas unterschiedlichsten Niveaus. Entstand in der westlichen Welt als Kombination aus Ashtanga und Hatha Yoga mit dem Bestreben, die Übungen gesellschaftstauglich zu machen. Weit verbreitet, zum Beispiel durch Mady Morrision.
Der achtblättrige Pfad des Yoga – 4
Blatt 4 – Atmung
Zuerst ein paar Übungen
Nadi Shodan
High Elevation Power Atmung
Die Theorie
Von dem vierten Pfad oder Teilbereich haben vielleicht auch schon einige gehört. Das ist der für mich im Moment spannendste Teil: die Atmung.
Yoga bezeichnet die Atmung als den Energiehaushalt des Körpers. Über die Atmung nehmen wir Sauerstoff auf und geben Kohlendioxid ab. Ich schätze, da sind wir uns alle einig. Das weis jeder. Wie spannend!
Wenn ich Leuten von meiner Faszination fürs Atmen berichte, ernte ich oft ein Schmunzeln, wenn es gut läuft. Manchmal auch Spott: „Ich atme schon seit X Jahren, na und?“
Wusstest Du, dass der Atem tatsächlich den intensivsten Austausch mit unserer Umwelt darstellt? Wenn Du abnehmen willst, dann verlierst Du 80% der Körpermaße durch das CO2, dass Du ausatmest. Du nimmst nicht ab durch das, was Du zum Klo bringst:-)
Die Lebensmittel, die wir essen, werden aufwendig bearbeitet und gefiltert. Der Atem geht direkt ins Blut und kommt daraus.
Die Art, wie wir atmen, hat einen umgehenden Effekt auf den Herzrhythmus und es ist der einzige Reflex, den wir teilweise beeinflussen können. Auf den Herzschlag haben wir keinen direkten Einfluss.
Diese Tatsache, also dass wir Einfluss nehmen können auf unsere Atmung, erlaubt es uns, direkten Einfluss auf unseren Körper zu nehmen.
Wir können Einfluss nehmen auf den PH-Wert unseres Blutes. Unser Körper ist immer bestrebt, den PH-Wert unseres Blutes konstant zu halten. Das ist wichtig, weil durch den PH-Wert eine Menge Dinge gesteuert werden. Der Körper kann das auch anders, beispielsweise durch das zuführen von eingelagerten Mineralien wie Calcium oder Magnesium aus den Knochen. Kostspieliges Unterfangen, denn diese Depots müssen wieder aufgefüllt werden und wenn sie leer sind, gibt’s Probleme.
Durch bestimmte Atemrhythmen können wir Einfluss nehmen auf den Sauerstoff-Gehalt und auch die Kapazität, Kohlendioxid aufzunehmen. Diese Werte haben auch einen Einfluss auf den PH-Wert und erlauben es uns, die wertvollen Depots zu schonen.
Solche Atemrythmen simulieren beispielsweise ein Höhentraining. Kennt ihr das, ihr wart eine Weile in den Bergen, so ab 2.000 Meter und kommt zurück ins Flachland. Und dann habt ihr für ein paar Tage mehr Energie, ihr fühlt euch stark und energiegeladen.
Das kommt von den zusätzlichen roten Blutkörperchen, die der Körper erzeugt, wenn weniger Sauerstoff durch den Atem rein kommt. Das können wir durch Retentionsübungen, also Übungen, bei denen wir den Atem anhalten, trainieren. Der Trick hier liegt in der Freiwilligkeit (Hallo, GFK!). Wenn Dich jemand lange unter Wasser drückt, funktioniert das nicht.
Ergebnis: Mehr rote Blutkörperchen, mehr Sauerstoff- und CO2-Kapazitaet. Daraus folgt dann ein niedrigerer Puls, toll fürs Herz, niedrigerer Blutdruck, auch toll fürs Herz, für unsere Blutgefäße und das Gehirn.
Ein weiterer sehr wichtiger Aspekt ist, ob wir durch den Mund atmen oder durch die Nase. Ja, das macht einen großen Unterschied. Die Atemwege im Schädel sind gewunden wie eine Schnecke und nehmen eine Menge Platz ein. Die Atemwege klimatisieren die Atemluft, korrigieren Temperatur, Luftfeuchtigkeit und filtern Verschmutzungen raus. Unsere Riechzellen sind so ziemlich die ältesten lebenden Systeme. Das waren die Zellen, die als erstes entstanden sind: Sensoren zur Suche nach Kontakten:-) Sie zeigen uns was mir mögen, Essen, Partnerwahl, und was uns gefährlich werden könnte. Vieles, was unangenehm riecht tut uns auch nicht gut.
In den Atemwegen hinter der Nase wird der Luft beim Einatmen Stickstoff beigemischt. So kann die Lunge Sauerstoff und Kohlendioxid leichter verstoffwechseln.
Im Mund haben wir den Geschmackssinn, verwand mit dem Riechen und sonst nichts von dem oben genannten. Keine Klimaanlage, keine Filter.
Also: Der Mund ist zum Essen und trinken da, notfalls auch zum Sprechen. Und ansonsten einfach den Mund schließen.
Viele atmen durch den Mund, teilweise seit vielen Jahren. Die Atemwege trocken aus, Luft kommt ungefiltert und unklimatisiert in die unteren Atemwege: Reizungen, Erkaltungen und eine Reihe unserer Zivilisationskrankheiten lassen sich damit in Verbindung bringen.
Viel mehr Details dazu findet ihr bei James Nestor – Breath.
Seid ich darauf achte, bin ich kaum noch krank. Ich habe einen niedrigeren Durchschnittspuls, auch beim Sport. Ich bin viel ausgeglichener und friedlicher geworden. Das mag alles auch noch andere Gründe haben und doch bin ich überzeugt, dass die Atmung durch die Nase in Kombination mit verschiedenen Atemtechniken einen wesentlichen Teil dazu beigetragen hat.
Ok, mit Asana und Atmung haben wir also einen gesunden und kraftvollen Körper.
Und jetzt kommt die gewaltfreie Kommunikation ins Spiel
Jetzt wird es spannend, finde ich.
Von den acht Blättern des Yoga verhalten sich die ersten zwei ein wenig wie die 10 Gebote aus der Bibel. Sie enthalten Handlungsanweisungen für unseren Umgang mit unserer Umgebung und auch mit uns selbst.
Es geht um Gewaltlosigkeit, Ehrlichkeit, den Respekt vor dem Eigentum anderer. Es gibt Anweisungen zur Reinlichkeit, zur Zufriedenheit, Disziplin, Selbstreflexion.
Sie beschäftigen sich mit Emotionen und Gefühlen und unserem Umgang damit im Außen und Innen.
Sie bilden das Fundament für alles weitere. Keine Asana und keine Atemübung ohne Gewaltlosigkeit und Ehrlichkeit mit Dir selbst.
Und spätestens hier kommt also die gewaltfreie Kommunikation ins Spiel.
Yamas – 1
In den Yamas geht es vor allem um unser Handeln. Letzlich reichen die guten Absichten nicht aus, es ist erforderlich, dass sich unsere Absichten in unserem Handeln zeigen. Nur dann sind wir kongruent und authentisch.
Text zum Thema: Der achtgliedrige Yogapfad: Die Yamas [YogaEasy]
Ahimsa: Gewaltlosigkeit (Mordverbot)
Das Prinzip der Gewaltlosigkeit erstreckt sich auf die Ebenen des Sprechens, Handelns und Denkens. Es geht ganz offensichtlich darum, nichts und niemanden, inklusive uns selbst, zu verletzen oder zu schädigen.
Es geht darum, dich möglichst so durch die Welt zu bewegen, dass Du so wenig Schaden wie möglich anrichtest.
So hat dieses Prinzip auch einen Einfluss auf unser Konsumverhalten! Wie kommen unsere Preise hier zustande? Oft nur dadurch, das wo anders auf dem Planeten dafür Menschen ausgebeutet werden. Das ist nicht ok!
Da es auch um den gewaltlosen Umgang mit uns selbst geht, so habe ich durch die GFK gelernt, da habe ich richtig viel zu tun! Denn Ahimsa fordert zum Glück auch, dass wir uns nicht dauernd selbst geißeln, sondern auch mal mit Humor und Spieltrieb an etwas herangehen. Sowas ist leicht gesagt! Doch wie schwer ist es, solche alten Glaubenssätze loszuwerden und wirklich liebevoll mit uns selbst zu sein?
Satya: Wahrhaftigkeit (Falschzeugnisverbot)
Die Wahrhaftigkeit verlangt von uns einen ehrlichen Umgang mit andern und auch mit uns. Neben der offensichtlichen und ja, vielleicht nicht immer angezeigten Haltung, anderen immer die Wahrheit zu sagen oder wenigstens nicht zu lügen geht es auch darum, mir uns selbst aufrichtig umzugehen. Sag nicht zu etwas Ja wenn du eigentlich Nein meinst.
Die Wahrhaftigkeit baut auf auf die Gewaltlosigkeit, denn letztlich sind Lügen auch eine Form von Verletzung.
Asteya: Begierdelosigkeit (Diebstahlsverbot)
Asteya gebietet uns, dass wir uns nicht das materielle oder geistige Eigentum anderer aneignen. Dazu zählen die alltäglichen kleineren und größeren Diebstähle: geliehene Bücher, die wir nicht retourniert haben, Schummeleien bei der Steuererklärung, unproduktive Arbeitszeit, und so weiter. Da geht es schnell, dass wir uns unwohl fühlen, denn wer kann von sich behaupten, keinerlei solche Diebstähle begangen zu haben?
Auch unser westlicher Luxus besteht, wenn wir ehrlich sind, nur, weil wir ärmere Länder ausbeuten.
Die fundamentale Frage hier lautet: Brauche ich das wirklich? Diese Frage hat das Potential, uns aus dem Hamsterrad herauszuführen, in dem wir all zu oft gefangen sind.
asteyapratiṣṭhāyāṃ sarvaratnopasthānam
Durch die Etablierung des Nicht-Stehlens kommt aller Reichtum wie von selbst zum Yogi.
Patanjali, Yogasutra Vers 2.37
Brahmacharya: Maßhalten (Enthaltsamkeit)
Manche Interpretationen sprechen hier tatsächlich auch von Keuschheit und sexueller Enthaltsamkeit. Das kann ja wohl kaum im Sinne des Erfinders gewesen sein, denn dann wären wir nicht hier.
Auch hier spricht mich die Auslegung von B. K. S. Iyengar an, der hier von Maßhalten spricht und nicht unbedingt nur eine strikte Abstinenz meint.
Machen wir uns nichts vor, unsere aktuelle Standard-Haltung zur Sexualität ist von Zwang, Scham und Ausgrenzung geprägt und ein wenig mehr Toleranz kann uns hier nur gut tun.
Zum Maßhaltung gehört beispielsweise auch das Essen. Klar brauchen wir Nahrung als Energiequelle. Zuviel davon lähmt uns jedoch und macht uns träge.
Wenn wir es schaffen, uns zu mäßigen erfahren wir Freiheit. Üben wir uns in sinnvoller Enthaltsamkeit und finden wir heraus, wo wir plötzlich Platz haben.
Der Weg dahin liegt in der Erkundung unserer Bedürfnisse (hallo GFK!) und Wünsche. Je genauer wir die kennen, desto leichter wird es, uns nicht unkontrolliert von diesen lenken zu lassen.
Aparigraha: Bescheidenheit (Begehrensverbot)
Mach Dich frei von unnötigen Besitztümern. Auch hier kannst Du Dich fragen, brauche ich das wirklich noch? Vielleicht mehr mit dem Fokus auf Dinge, die Du schon hast. Es geht darum, dass wir nicht festhalten an Dingen, das nennt sich Anhaftung, und fesselt uns.
Gleichermaßen geht es hier auch um Glaubenssätze, die wir erlernt haben. Wenn uns Wut und Ärger aus solchen Glaubenssätzen heraus unser Handeln beeinflussen, so gilt es auch hier, loszulassen.
Mehr habe ich dazu in meiner Yoga Ausbildung bisher nicht vernommen. Einfach nur loslassen! Easy!
Immerhin kann ich dank der vielen Seminare in gewaltfreier Kommunikation mehr damit anfangen. Glaubenssätze und den Umgang damit kennen wir ja aus der GFK.
Glück gehabt!
Noch ein schoener Gedanke zur Bescheidenheit:
Übe dich darin, nicht zu nehmen, sondern zu empfangen.
https://www.yogaeasy.de/artikel/der-achtgliedrige-yogapfad-die-yamas
Niyamas – 2
Shauca: Reinheit
Is ja irgendwie klar. Unser Körper ist unsere empfindliche Hülle, in der wir durch die Gegend wandeln. Es ist unsere Pflicht, unseren Körper zu pflegen! Also ernähre Dich gesund, wasch Dich, putz Dir die Zähne. Es gibt offenbar auch skurrilere Praktiken: Zur Reinigung des Magens und der Magenröhre wird empfohlen, Handtuch runterzuschlucken und es dann wieder rauszuziehen. Alles klar?
Zur inneren Reinheit tragen Asana und Pranayama bei, gesunde Ernährung, positive Gedanken und auch eine Reinheit in unseren Entscheidungen.
Das Üben der Asana belebt den Körper und entfernt die Gifte und Unreinheiten, die durch starte Selbstverwöhnung entstanden sind
B. K. S. Iyengar, Licht auf Yoga
Pranayama säubert die Lungen, führt dem Blut Sauerstoff zu und reinigt die Nerven.
B. K. S. Iyengar, Licht auf Yoga
Für die Ernährung gibt es einen eigenen grossen Bereich im Yoga, habt ihr bestimmt schon von gehört. Ayurveda.
Es geht auch darum, alte Gedankenmodelle fallen zu lassen. Alles was Dich daran hindert, Dich auf den Sinn Deines Daseins zu konzentrieren, kann weg.
Samtosha: Zufriedenheit
Ich hab mal gehört, das Glück bedeutet, mit dem zufrieden zu sein, dass man hat und. Das ist sicher nicht immer einfach und braucht immer wieder Übung.
Ersetze die Selbstgeißelung, die wir wie einen Volkssport betreiben, durch Wertschätzung für dich selbst. Sei zufrieden mit Dir!
Auch hier hilft mir die gewaltfreie Kommunikation in ein gewisses Problembewusstsein zu kommen, dass es wirklich so ist, dass ich oft nicht zufrieden bin, vor allem mit mir. Und dann kann ich forschen, woran das liegt und mich auf den Weg machen.
Hier steckt die radikale Selbstannahme drin und auch die Annahme der Realität. Eine Klarheit darin, welche Emotion angemessen ist in einer Situation. Wut oder Trauer? Kann ich etwas ändern oder nicht?
Tapas: Selbstdisziplin
Hier sehe ich einen gewissen Widerspruch zum Rest der Philosophie des Yoga. Es ist oft vom Loslassen und Ruhe, Gelassenheit die Rede.
Und nun darf mein Ego raus und mich antreiben? Irgendwie gefällt mir das, der Spielplatz fürs Ego ist hier. Es darf mir hier dienen indem es mich morgens um vier voller Elan und Freude aus dem Bett treibt und mich mit Biss dranbleiben lässt.
Ich schätze, es ist auch hier wie immer. Die Dosis machts. Und: Sei achtsam. Ich denke, in Kombination mit Achtsamkeit darf mein Ego raus, klar! Dann kann ich damit spielen und vor allem auch merken, wenn es mir nicht gut tut.
Gerade jetzt zum Beispiel bin ich erkältet und merke, wie viel besser ein demütiger Umgang damit ist. Ich schone mich und erlaube mir Pausen, selbst von meiner Morgenroutine. Ich komme ohne Selbstkasteiung aus und freue mich, wenn ich wieder raus kann!
Zugegebenermaßen, nach einer Woche wird mein Ego ungeduldig.
Svadhjaya: Selbstreflexion, Erforschung des Selbst
Yoga macht es uns also explizit zur Aufgabe, uns selbst zu erforschen. Herzlich willkommen damit!
Mein Meister sagt, es gibt zwei Sorten von Wissen. Gelerntes und erlebtes. Wird etwas authentischer, wenn ich es selbst erlebe? Ich denke, im manchen Dingen ist das sicher so. Vermutlich nicht bei Mathematik oder Logik. Sehr wohl jedoch bei Gefühlen und Emotionen, auf die wir unweigerlich stoßen, wenn wir dem Ruf nach Selbsterforschung folgen.
Ich kann Gefühle und Emotionen lesend erkunden, mir die Licht- und Schattenseiten plausibel vorstellen. So richtig einrasten, sag ich mal, können sie erst, wenn ich einmal selbst ein solches Gefühl oder Emotion erlebt habe.
Dann wird’s authentisch, dann wird auch meine Empathie authentisch.
Und darum geht’s doch. Authentizität.
Ishvara Pranidhana: Urvertrauen
Kommen wir zum letzten Punkt.
Ishvara Pranidhana wird auch übersetzt mit der Hingabe an Gott. Das bringe nur schwer über die Lippen. Ich habe noch das eingestaubte Götterbild meiner Großeltern im Kopf, die mich als Kind in die katholische Kirche geschleppt haben (obwohl ich evangelisch bin! WTF?) und dann musste ich mich konfirmieren lassen. Alles Zwang!
In der Abschlussveranstaltung meiner Yoga-Ausbildung ist mir etwas merkwürdiges passiert. Das war eine Art spiritueller Reise und als ich raus kam, hatte ich etwas gefunden, was ich vorher nicht kannte: Urvertrauen!
Ich wusste auf einmal, das wird schon gutgehen. Was habe ich zu verlieren.
Ich hab also meinen Job gekündigt nach 23 Jahren und jetzt stehe ich hier und bin glücklich.
Der achtblättrige Pfad des Yoga – 5
Blatt 5 – Entspannung
Der fünfte Pfad gilt als Eingang zu den höheren Ebenen, Konzentration, Meditation und letztlich Erleuchtung. Der fünfte Pfad umfasst die Entspannung des Körpers und auch des Geistes. Ohne diese Entspannung ist kein Fortschreiten auf den nächsten Pfaden des Yoga möglich.
Zur Entspannung zählt beispielsweise Yoga Nidra, auch als Schlafyoga bekannt. Im Yoga Nidra wird der Geist mit einfachen Aufgaben so lange beschäftigt, bis er sich nach innen wendet und so zur Ruhe kommt.
In dieser Ruhe stellt sich dann irgendwann eine gewissen Konzentration ein, auf den Atem oder Geräusche aus der Umgebung.
Die letzten drei Pfade möchte ich heute nur kurz erwähnen. Zum einen kann man die nicht lernen, nur selbst erleben
Yoga Nidra – Übung
Der achtblättrige Pfad des Yoga – 6 bis 8
Diese Stufen lasse ich heute aus. Da kann ich kaum was dazu sagen. Es sind die sogenannten höheren Ebenen, Konzentration, Meditation und Samadhi (Erleuchtung).
Die kann man nicht lernen oder unterrichtet bekommen. Die kommen quasi von alleine durch die Übung der ersten fünf Blätter.
Fazit
Die gewaltfreie Kommunikation ist für mich wie ein Werkzeugkasten, mit dem ich meine Gefühle und Emotionen kennen und mit der Zeit sogar lieben lerne. Letztlich ermöglicht mir die Selbstempathie den empathischen Kontakt auch mit anderen. So passt sie wunderbar in die Philosophie des Yoga, denn dort erfahre ich viel, wo die Reise hingehen soll und nicht immer genau, wo der Weg lang geht, vor allem, wenn es um Gefühle und Bedürfnisse geht.
Zu Beginn unserer Existenz, in der unvergleichlichen Süße und dem Gefühl der Einheit, die wir im Mutterschoß erfahren, entdecken wir die Frische des ersten Ausblicks auf die Welt, der ersten Wahrnehmung und des ersten Kontakts; wir entdecken die unmittelbare physische Empfindung, die mit unseren fünf Sinnen und unseren Bedürfnissen verbunden ist.
Es ist wesentlich, diese Unmittelbarkeit wieder zu wecken, das spontane Zutrauen zu dem, was wir wissen und empfinden, in seiner Ganzheit wiederzuerlangen.
Jack Kornfield
Meine Frau Deike hat mich mal gefragt, wenn ich das alles in einen Satz packen müsste, so wie ein Elevator Pitch vielleicht, was wäre meine Kernaussage….
Mein erster Gedanke war… ok, wenn wir die Welt retten wollen, dann haben wir mit der GFK schon ein mächtiges Werkzeug an der Hand. Viele der Methoden und Modelle der GFK habe ich in der ersten Yoga Ausbildung quasi vermisst. Es hieß dort, ok, hier ist dein Inneres, da findest Du Emotionen und Gefühle und sowas, und so macht man Asanas und atmet. Hmm… Ich glaube nicht, dass mich die Yoga-Ausbildung so gefesselt hätte, wäre ich nicht vorher schon ein wenig in die GFK eingetaucht.
Also war meine Antwort: Wer die Welt retten will, der braucht GFK und wer Yoga leben will, der kommt auch nicht um die GFK herum. Stellt sich die Frage, reicht GFK alleine, um unsere Welt zu retten? Vielleicht. Ich bin allerdings überzeugt, dass es sehr viel leichter wird, die Welt zu retten, wenn wir GFKler uns auch ein wenig genauer die Ideen und Konzepte des Yoga ansehen. Mindestens mal macht GFK mehr Spaß mit einem gesunden Körper und entspannten Geist. Ich glaube, die GFK gewinnt an Authentizität, je mehr ich mich selber kennenlerne. Mit der GFK alleine jedoch, kann ich nicht alle Aspekte von mir erkunden. Hier kommt dann Yoga ins Spiel.